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Die Quellen zur historischen Person des Webers Johan Hinrich Bühmann aus Steinhude sind relativ spärlich, verglichen mit der Fülle an Informationen, die man heutzutage innerhalb weniger Stunden über eine Person zusammentragen kann.
Nun ist Johan Hinrich Bühmann allerdings für Steinhude – und das Museum – eine wichtige Person! Er webte das legendäre „Hemd ohne Naht“, um das sich aktuell unsere Sonderausstellung dreht.
Insgesamt sind nur vier Dokumente erhalten, die zu seinen Lebzeiten entstanden sind und ihn erwähnen. Nur vier Schlaglichter also, die Johans Leben für uns punktuell erhellen.
In chronologischer Reihenfolge sind dies:
- Das Rechnungsbuch der Leinweberzunft, in dem Johan H. Bühmann 1728 und 1730 erwähnt wird.
- Die Hochzeitsurkunde Bühmanns vom 25. Oktober 1745
- Der Bericht über das Hemd ohne Naht in den Rintelschen Anzeigers aus den Jahren 1765/66
- schließlich der Eintrag ins Sterberegister 1773
Johan H. Bühmanns Geburtsdatum lässt sich beispielsweise nur ungefähr bestimmen. Sicher ist, dass er am 7. März 1773 in Bremen verstarb und das Sterberegister nennt sein Alter zu diesem Zeitpunkt: 63 Jahre und 4 Monate. Johan muss also Ende 1709 geboren worden sein.
1727 bei der Einrichtung der Webergilde tauchen weder er noch sein Vater als Meister auf, zum ersten Mal erscheint Johan im April 1728 im Rechnungsbuch der Gilde. Aber ist er da schon Meister? Dazu zu einem anderen Zeitpunkt mehr.
Erst 1745 heiratet er die Tochter des verstorbenen Webermeisters Ludolph Knölken. Die Braut ist, wenn das überlieferte Geburtsjahr 1711 stimmt, zwar noch Jungfer, aber eigentlich nicht mehr jung: Vielleicht der einzige historische Hinweis auf einen wahren Kern hinter der Legende, Johan habe die nahtlosen Hemden nicht zuletzt dafür gewebt, seine Geliebte heiraten zu können, auch wenn ihr Vater dagegen war. Hat Anna Catherina etwa bis zum Tod ihres Vater warten müssen, um ihren Johan heiraten zu können? Und dass, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits seit 15 Jahren Webermeister ist?
Eine weitere Legende widerlegt die Hochzeitsurkunde dagegen: Johan Bühmann ist kein Waise, beide Eltern sind bei der Eheschließung anwesend und Johan und seine Braut bekommen bei dieser Gelegenheit auch den elterlichen Hof überschrieben (samt Schulden), bei dem es sich wohl um eine Art Erbpacht handelt. Anna Catherina Knölken bringt zudem weiteren Landbesitz sowie bewegliches Gut mit in die Ehe, vor allem Dinge für den neuen Haushalt, wie Wäsche, Kleidertruhen, ein Bett und Küchengeräte, wie es damals für Frauen üblich war. Das Paar hat mindestens zwei Kinder, die das Erwachsenenalter erreichen, einen Sohn, Albert Henrich, geboren 1757, sowie eine Tochter.
Knapp 20 Jahre später ist aus der Geschichte Johan Hinrich Bühmanns bereits teilweise Legende geworden, als Arthur Conrad Ernsting seinen Artikel im Rintelschen Anzeiger veröffentlicht. Er erwähnt darin Johan als Weber von zwei nahtlosen Hemden und nennt den noch Lebenden Weber zudem als Altarmann. Das Amt des Altarmannes umfasste zahlreiche Verwaltungsaufgaben für die Kirche und war bei Handwerkern und Bauern trotz der Entlohung oft unbeliebt, weil es zusätzlichen Arbeitsaufwand bedeutete. Deshalb wurde der Altarmann je nach Region entweder bestellt oder gewählt, wobei man die Wahl nicht ablehnen durfte. Andererseits brachte ein Amt auch Prestige, in Ernstings Text betont der Titel Bühmanns Stellung geradezu – und setzt ihn so noch weiter vom ebenfalls genannten Weber Bretthauer ab, der die ersten nahtosen Hemden in Steinhude webte. Johan H. Bühmann scheint das Amt lange ausgeübt zu haben, das Sterberegister schreibt von 25 Jahren, zudem war er Vorsteher der Alten Armenkasse.
Am 28. Februar 1773 bricht Johan zu seiner letzten Reise an, er will in Bremen Drell verkaufen. Dort stirbt er am 7. März an einer Kolik und wird 2 Tage später auf dem Friedhof von St. Pauli beerdigt. Am Sonntag, den 21. März, dem vierten Fastensonntag vor Ostern (domenica laetare) des Jahres 1773 wird die Leichenpredigt für Johan Hinrich Bühmann in Steinhude gehalten. Damit endet unser letzter zeitgenössischer Quellenbeleg für Bühmanns Leben. Was anfänglich nach wenig Eckdaten aus seinem Leben aussieht, bildet doch den Grundstoff für die späteren Geschichten.
H.B. / St.K.
Quelle: Der historische Johan H. Bühmann – ein Blick in die Quellen